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31
Mär
08

anliegen eines iren..

Im Traum traf ich auf einen Iren, der durch seine Geschichte einen großen Haß auf Amerikaner aufgebaut hatte. Mit Anfang zwanzig war er arbeitslos, und machte die Yankees verantwortlich dafür. Eigentlich waren die Yankees in seiner Welt so ziemlich für alles Schlechte in der Welt verantwortlich. Eine bessere Erklärung konnte er nicht finden. Er trank und schimpfte und landete irgendwann in der Gosse.
In seiner ersten Nacht auf der Straße, so erzählte er mir, wäre er am liebsten über den Ozean und hätte jeden Amerikaner einzeln getötet. Aus dieser Wut entstand eine bemerkenswerte Geschäftsidee:
Da er eh nichts mehr zu verlieren hatte, endete er nach kurzer Zeit in Amerika, und wurde Berufskiller. Es war für ihn das sinnigste, was er sich zusammen reimen konnte. Ganz logisch eigentlich. Er tötete Amerikaner und ließ sich von anderen Amerikanern dafür bezahlen. Für ihn war das kein Mord, nichts moralisch Verwerfliches, Amerikaner waren es für ihn eh nicht wert, zu leben. Sie waren wie eine Seuche für ihn, die man ganz natürlich bekämpfen mußte. Er hielt sich über 3 Jahrzehnte im Schatten, lebte weiter in seiner Welt und war tatsächlich der festen Überzeugung, der Welt einen Gefallen zu tun. Er tötete nur nach Auftrag, oder auch ab und an mal eine Hure, an der er sich vorher verging. Er bewegte sich in seiner Isolation mit schlafwandlerischer Sicherheit durch die Schatten der Städte. Freunde hatte er keine, er ließ niemanden an sich heran. Selbst seine Auftraggeber kannten ihn nicht.
Lange Jahre kam er so ganz prima zurecht, er blieb vorsichtig und bescheiden, hatte gar kein Interesse daran, in irgendeiner Weise mit den Amerikanern auch nur einen Moment mehr Zeit zu verbringen als unbedingt nötig, um am Leben zu bleiben.
Irgendwann bohrte aber eine Frage immer tiefer in sein Bewußtsein:
Ist mein Leben jetzt wirklich besser als damals in Irland? Und weiter: Ist es lebenswerter geworden? Bin ich jetzt, so wie ich lebe auch nur einen Funken besser als die, die ich töte weil ich ihr Leben nicht zu schätzen weiß?
Eines Nachts lag er auf seinem Nachtlager und konnte sich plötzlich nicht mehr bewegen. Es schmerzte nichts, sein Körper war einfach wie gelähmt, er wollte sich hinsetzen, aber sein Körper versagte ihm jeden Befehl und blieb still. Da sein Gehirn offensichtlich das einzige an seinem Körper war, das neben seinem Herzen noch funktionierte, blieb ihm nichts anderes übrig, als seinen Gedanken zu folgen. Da kamen die Fragen sofort wieder, und er wußte, daß er sich selbst in diese Situation gebracht hatte. Jetzt konnte er nicht mehr fliehen, nicht mehr irgendwen anders für sein Leiden verantwortlich machen, er wußte, daß er sich jetzt sich selbst gegenüber stellen mußte.
Er sagte, in dem Moment in dem er akzeptiert und verstanden hatte, daß er selbst verantwortlich für sein leben sei, fiel eine riesige Last von ihm ab. Und gleichzeitig erkannte er, wie ungerecht und widernatürlich er sich die besten Jahre seines Lebens sich selbst und allen anderen gegenüber verhalten hatte. Er wußte, daß das was er getan hatte, nicht mehr rückgängig zu machen war.
Monate später hatte er begriffen, wie er alles was passiert war nutzen konnte. Denn er lernte zu verzeihen, zu lieben und zu respektieren. Er konnte beobachten wie er immer besser wurde, und wie er immer besser mit sich selbst und anderen zurecht kam. Er wußte, daß er den Menschen etwas beibringen konnte. Mit seiner Vorgeschichte war das allerdings nicht so einfach. Spitzfindig wie er war, ließ er sich in einer kleinen Stadt im Süden der Staaten als Pfarrer einstellen. Keines seiner Schäfchen hätte je gedacht, daß ihr weiser Pfarrer, der zu jeder Zeit für jeden da war, um die 250 Amerikaner, darunter übrigens auch Richter und Polizisten sowie ca. 70 Frauen getötet hatte.
Doch durch das, was der Ire in meinem Traum durch seine Geschichte an Erfahrung gewonnen hat, vor allem im Bezug auf Vergebung, Liebe und Respekt, und dadurch daß er von da an ein anderes, ein gesundes Verhalten anstrebte, vergab ihm auch Gott und ließ einen gut geschulten Mann Gottes noch viele Jahre glücklich leben. Er starb vor zwei Wochen und bat mich im Traum, diese Geschichte zu erzählen. Zu Lebzeiten konnte er das leider nicht…




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